Die Miktionssynkope (MS), die zuweilen auch als Postmiktionssynkope bezeichnet wird, lässt einen Patienten während oder kurz nach dem Wasserlassen ohnmächtig werden. Dieses Phänomen ist in der Stimulation des Nervus vagus begründet, die während der Miktion erfolgt und vegetative Reaktionen provoziert. Betroffenen ist zu empfehlen, beim Urinieren die Tür offen zu lassen und sämtliche scharfen und spitzen Gegenstände aus dem Bad zu entfernen. Eine zuverlässige medikamentöse Therapie steht nicht zur Verfügung, aber Begleiterkrankungen wie Blutdruckschwankungen oder eine Hypotension können behandelt werden.
Per definitionem handelt es sich bei der MS um eine Synkope, die während oder kurz nach der Miktion auftritt. Betroffene beschreiben möglicherweise, dass sie während des Urinierens Prodromalsymptome wie Schwindel und Benommenheit erfahren. Andere geben an, dass sie sich schwach fühlen oder ihnen übel wird. Manche MS-Patienten beginnen beim Wasserlassen zu schwitzen und ihre Haut wird blass und kühl. Dann kommt es zum kurzzeitigen Bewusstseinsverlust. Zuweilen haben die Patienten zum Zeitpunkt der Erstvorstellung bereits gewisse Umstände identifiziert, die sie für eine MS prädisponieren: So kann es sein, dass langes Stehen vor der Toilette [1], weil das Urinieren aufgrund einer Vergrößerung der Prostata schwerfällt [2] [3], oder das schnelle Aufstehen nach dem Wasserlassen erst zur Ohnmacht führt. Weiterhin kann die Umgebungstemperatur einen wesentlichen Einfluss auf die Frequenz der MS haben; einige Patienten sind in warmer Umgebung besonders anfällig. Besonders bei jungen Patienten können MS auch im Zusammenhang mit dem Konsum von Alkohol auftreten [4] [5]. Während der Synkope stürzt der Betroffene und kann sich je nach Ausstattung des Bades oder der sanitären Einrichtung Verletzungen wie Schürfwunden, Prellungen oder gar Frakturen zuziehen.
Zusätzliche Symptome wie neurologische Defizite können auf ein schwerwiegenderes Leiden hinweisen.
Es ist unbedingt eine vollständige Anamnese und eine umfassende Allgemeinuntersuchung durchzuführen. Es ist wichtig, in Erfahrung zu bringen, ob vasovagale Synkopen auch in anderen Situationen auftreten, da sich daraus ein erhöhtes Gefahrenpotenzial ergibt. MS-Patienten erleiden Synkopen ausschließlich beim Wasserlassen, nicht jedoch beim Autofahren oder während sie ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen. In der Anamnese ist auch zu erfragen, ob der Patient momentan Arzneimittel einnimmt, z.B. blutdrucksenkende Mittel oder Pharmaka, bei denen eine Blutdruckreduktion als Nebenwirkung bekannt ist. Eine Verdachtsdiagnose auf MS kann in der Regel bereits anhand der so erhaltenen Informationen gestellt werden. Im Gegensatz zu Differentialdiagnosen, die ebenfalls mit einem rekurrierenden Verlust des Bewusstseins einhergehen, stellen MS keine größere Gefahr für die Gesundheit des Patienten dar, wenn im Bad gewisse Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden. Daher geht es bei der Aufarbeitung eines solchen Falles hauptsächlich darum, andere Pathologien auszuschließen, die zu einem ähnlichen klinischen Bild führen können. Urodynamische Studien bieten sich an [3]. Bei männlichen Patienten - und das ist die Mehrzahl der Betroffenen [4] - ist die Prostata zu untersuchen [2]. Weiterhin ist auf Herzerkrankungen zu testen, beispielsweise auf Arrythmien und verschiedene Formen der Kardiomyopathie, eine Aortenstenose, einen zu niedrigen Blutdruck oder eine Hypovolämie. Zur Diagnose von Herzerkrankungen eignet sich neben der Auskultation vor allem die Aufzeichnung eines Elektrokardiogramms und die Durchführung einer Echokardiographie. Der Blutdruck des Patienten ist sowohl im Stehen als auch im Liegen zu messen und dazu empfiehlt sich eine Kipptischuntersuchung [3]. Es sei darauf hingewiesen, dass sich die einzelnen Pathologien nicht ausschließen: Ein MS-Patient kann durchaus an einer Hypotonie leiden, die seine Anfälligkeit für Bewusstseinsstörungen noch weiter erhöht.
Sollten Zweifel aufkommen, dass die Synkopen zentralnervöser Ursache sind, sollte ein Elektroenzephalogramm ausgewertet und eventuell eine Magnetresonanztomographie des Kopfes durchgeführt werden.